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Gedenkveranstaltung

Gedenkveranstaltung 80 Jahre Fliegerangriffe, 22.03.25
 
Hunderte Menschen strömten am Samstagmorgen hinauf zur katholischen Kirche St. Afra. Sie alle wollten im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes gemeinsam zurückblicken auf ein Ereignis, das die Dorfgemeinschaft vor genau 80 Jahren bis ins Mark getroffen hatte: Am 22. März 1945 hatten über 50 amerikanische Mittelstreckenbomber, geflogen von französischen Piloten, in zwei Angriffswellen die kleine Neckartalgemeinde bombardiert, dabei 220 Menschenleben ausgelöscht, den Ortskern in Schutt und Asche gelegt.
Orgelmusik, gespielt von Volker Benz, eröffnete die Gedenkfeier. Dann sangen und musizierten mehr als 60 Kinder der Minneburgschule Lieder voller Friedenssehnsucht. Auch mahnende Worte gab es von den Kindern an die Gottesdienstgemeinde: dass Frieden nicht allein durch Reden entstehe, sondern durch Schritte, die jeder Einzelne darauf hintue. Noch ein Lied gemeinsam mit den Sängerinnen und Sängern der Chorgemeinschaft aus evangelischem und katholischem Kirchenchor, dann durften die Jüngsten der Gemeinde sich in der Krypta der Kirche in einem ökumenischen Kindergottesdienst auf altersgemäße Weise mit dem Thema Frieden auseinandersetzen.
Nun war es an Bürgermeister Norman Link, die Anwesenden noch einmal mit hineinzunehmen in die schrecklichen Geschehnisse jenes Tages kurz vor Ende des zweiten Weltkriegs.1200 Einwohner zählte Neckargerach damals. Hinzu kamen Menschen, die aus kriegsbedrohten Städten evakuiert waren und hier Zuflucht gefunden hatten, dazu einige Soldaten sowie die Insassen des KZ-Außenlagers in der Odenwaldstraße. Keiner von ihnen hätte damit gerechnet, dass Neckargerach zur Front werden könnte.
Doch dann kamen die Bomben, löschten ganze Familien aus, „auf den Straßen und in den Kellern unter ihren Häusern starben sie. Sie wurden von Trümmern erdrückt oder erstickten qualvoll.“ Allein im „Gröhls-Keller“ mussten 90 Menschen ihr Leben lassen. Warum? Bei den Heimatforschern Ludwig Herbold und Rolf Ehlert hat der Bürgermeister eine Antwort gefunden: die Bahnlinie durchs Neckartal sollte als Transportweg der Wehrmacht ausgeschaltet werden.
Die Bevölkerung habe die Tage nach den Angriffen im Wald oder in den umliegenden Weilern verbracht, so Link. Und er berichtet von Zusammenhalt und gegenseitiger Hilfe der Überlebenden.
Umrahmt von verschiedenen Chorbeiträgen und Gemeindeliedern ließen anschließend Gudrun Damms, Janine Rösler und Neckargerachs Ehrenbürger Peter Kirchesch in Zeitzeugendokumenten die Gottesdienstbesucher die Schrecken des Krieges erahnen. Und wenn Rösler etwa die vor 30 Jahren aufgeschriebenen Erlebnisse ihrer Oma Lieselotte Benz vortrug, die sich der damals Sechsjährigen unauslöschlich in die Seele gebrannt hatten, dann drängten sich dem Zuhörer unwillkürlich beklemmende Bilder auf, wie sie alltäglich über die Bildschirme flimmern: Bilder vom Grauen der Kriege aller Zeiten. „Im ganzen Dorf war nur noch Feuer und Staub zu sehen“, las Enkelin Jasmin aus den Aufzeichnungen der Großmutter vor. Die Mutter war tot. Nachbarn lagen tot auf der Straße. „Ein Junge lag auf der Straße mit einem großen Balken auf den Beinen und schrie fürchterlich…“
Dass Krieg und Friedenssehnsucht auch schon die Menschen in biblischen Zeiten umtrieben, hörten die Gottesdienstteilnehmer von Pfarrerin Esther M. Fauß und Diakon Joachim Szendzielorz. So werden in der Bergpredigt die Friedfertigen seliggepriesen. Und beim Propheten Jesaja heißt es: „Am Ende der Tage wird es geschehen: …Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermessern aus ihren Lanzen…“
Dankesworte des Bürgermeisters richteten sich an alle, die zum Gelingen der Feier beigetragen hatten. Dann ging es hinüber zum Ehrenfriedhof, um der 220 Opfer des Bombenangriffs zu gedenken:
Zahlreiche Menschen sind mitgekommen. Die Feuerwehr steht Spalier, der Schifferverein flankiert mit seinen Fahnen Bürgermeister Link, Mitglieder der Projektgruppe, Pfarrerin Fauß und Diakon Szendzielorz. Die Neckargeracher Musikanten spielen „Näher, mein Gott zu dir“. Bürgermeister Link zupft die Schleife am Kranz zurecht, der neben dem Gedenkstein für die Bombenopfer steht. Die Namen der Toten werden verlesen, erinnert wird auch an neun umgekommene unbekannte Soldaten und an die Opfer unter den KZ-Insassen. Und dann scheint die Zeit für einen Moment still zu stehen: Es ist 12:15 Uhr, exakt die Zeit, zu der vor 80 Jahren die Bomben fielen. Die Glocken der katholischen und evangelischen Kirche und die Rathausglocke stimmen einen minutenlangen Trauergesang an. Mit Segensworten von Pfarrerin und Diakon geht eine berührende Feier zu Ende.
 
Barbara Nolten-Casado

Zu minutenlangem Glockengeläut gedachten Bürgermeister Norman Link, Ehrenbürger Peter Kirchesch, Mitglieder der Projektgruppe, Pfarrerin Esther Fauß, Diakon Joachim Szendzielorz und zahlreiche  Bürger auf dem Ehrenfriedhof der Opfer des Bombenangriffs vom 22. März 1945.
Zu minutenlangem Glockengeläut gedachten Bürgermeister Norman Link, Ehrenbürger Peter Kirchesch, Mitglieder der Projektgruppe, Pfarrerin Esther Fauß, Diakon Joachim Szendzielorz und zahlreiche Bürger auf dem Ehrenfriedhof der Opfer des Bombenangriffs vom 22. März 1945.
Mehr als 60 Kinder der Minneburgschule und die Chorgemeinschaft aus evangelischem und katholischem Kirchenchor sangen und musizierten in der Kirche St. Afra Lieder voller Friedenssehnsucht.
Mehr als 60 Kinder der Minneburgschule und die Chorgemeinschaft aus evangelischem und katholischem Kirchenchor sangen und musizierten in der Kirche St. Afra Lieder voller Friedenssehnsucht.